Climate Change vom Standpunkt eines Tauchers
Zu Zeiten von verheerenden Hurrikans wie Harvey und Irma, zerstörerischen Buschfeuern im Nordwesten der USA und einem Präsident einer Weltmacht, der den Klimawandel immer noch als Aberglaube bezeichnet, ist es wichtiger denn je das Bewusstsein bezüglich des Klimawandels auf wissenschaftlichen Fakten zu basieren und zu reflektieren, welche Optionen jeder Einzelne von uns hat um unser einzigartiges und dennoch akut gefährdetes Ökosystem zu unterstützen. Als Taucher, egal ob du gerade deine erste Zertifizierung erhalten hast oder du ein „Pro aus Leidenschaft” bist, solltest du als Botschafter und Repräsentant unserer Ozeane fungieren.
Eine der wichtigsten Informationen, sowohl für Taucher als auch für Nicht-Taucher, ist, dass der Tauchsport nicht umweltbelastender ist als jede andere Outdooraktivität die im Freien praktiziert wird, wie Wandern, Skifahren, Bergsteigen. Tauchen könnte sogar eine umweltschonendere Sportart sein als die eben erwähnten – vom ersten Tauchgang an sind Tauchlehrer verpflichtet Richtlinien und Techniken zu unterrichten, die adäquaten Umgang mit der Unterwasserwelt und ihren Bewohnern fördern, während es keine Vorschrift gibt, die festlegt, in welchem Rahmen Skischüler oder Bergsteiger über ihren Impakt auf die Natur aufgeklärt werden sollen.
Sauerstoffmangel in den Ozeanen und Korallenbleiche
“Ocean deoxygenation” beschreibt den Mangel von Sauerstoff im Meer. Während Studien aus dem letzten Jahrhundert lediglich zeigen, dass das Sauerstoffniveau aufgrund der Wasseroberflächenerwärmung kontinuierlich abnahm, besteht für das 21. Jahrhundert die Prognose eines weiteren Verlustes von 3-6% der Sauerstoffkonzentrationen. Physiologisch kann warmes Wasser nicht so viel Sauerstoff aufnehmen wie kaltes Wasser, was, im Rahmen von andauernd steigenden Oberflächentemperaturen aufgrund von Klimaveränderungen zu einer direkten Sauerstoffverminderung führt. Aber Hand in Hand mit dem Anstieg der Oberflächentemperatur kommt auch eine veränderte Dichte des jetzt wärmeren Wassers hinzu. Das kalte Wasser aus tieferen Schichten des Ozeans hat eine erhöhte Wasserdichte im Vergleich zum Wasser an der Oberfläche, was dazu führt, dass sich diese nur erschwerter vermischen. Letztendlich bedeutet dies, dass wir uns nicht nur mit dem erhitzten Wasser an der Oberfläche, welches weniger O2 als zuvor fassen kann, konfrontiert sehen, sondern auch mit einer Malabsorption der verringerten Sauerstoffmenge aus der Oberflächenschicht.
Der üblicherweise als Korallenbleiche oder Korallensterben bekannte Prozess wird durch zunehmende Wassertemperaturen induziert. Die Kooperation zwischen Korallen und Algen ist von ausgesprochen besonderer und innovativer Natur. Die Korallen haben sehr hohe Lichtbedürftigkeit, welche auf der Symbiose mit den Algen basiert, die in den Zellen der Koralle leben und ihnen auch ihre satten Farben verleihen. Die von der Koralle durch Stoffwechselvorgänge erzeugten Abbauprodukte, dienen als Dünger für die Algen und im Gegenzug stellen diese einen Teil ihrer vegetativen Photosyntheseprodukte für die Ernährung der Korallen zur Verfügung. Einige Korallenunterarten sind auf diese zusätzliche Nahrungsquelle angewiesen, da Plankton allein sie nicht ausreichend sättigen kann. Bestimmte Umstände, zum Beispiel hohe Wassertemperaturen, können Korallen dazu veranlassen, die Algen abzustoßen. Damit geht auch ein Farbverlust und teils Tod aufgrund von Hungersnot einher.
Wal- & Haifischerei – und ihre Auswirkungen auf unser Klima
Es ist kein Geheimnis, dass die Anzahl der großen, marinen Raubtiere, wie Haie es sind, ständig abnimmt. Aktuelle Studien von unterschiedlichen, maritimen Naturschutzorganisationen zeigen allerdings eine bisher unbekannte Konsequenz. Durch die Reduzierung von Raubfischen durch Fischerei und sog. “Shark-Finnig” nimmt die Anzahl der kleineren Fische und Zooplankton enorm zu, diese produzieren mehr CO2 und dezimieren einen elementaren Teil des Phytoplanktons, da dieses ihre Hauptnahrungsquelle ist. Phytoplankton, wie in mehreren Studien wissenschaftlich belegt wurde, ist heutzutage für die Produktion von circa 70% des Sauerstoffs der Erdatmosphäre zuständig.
Wale fördern das Wachstum von Phytoplankton auf eine ganz besondere Art und Weise – da die sanften Riesen regelmäßig zwischen Tiefen von bis zu einigen hundert Metern und der Meeresoberfläche verkehren, transportieren sie wichtige Mengen an Eisen und anderen Nährstoffen über Schichten von Wasser, die sich sonst nicht vermischen würden. Das Phytoplankton an der Oberfläche gedeiht aufgrund dieser ausgewogenen Ernährung hervorragend und verarbeitet deswegen mehr CO2.
Als Taucher stehen wir alle in der Pflicht ein beispielhaftes Verhalten an den Tag zu legen, sowohl über als auch unter der Wasseroberfläche, wenn wir in irgendeiner Art und Weise mit der Umwelt oder ihren Bewohnern interagieren. Ein möglicher Weg dies zu tun ist sich in der lokalen Tauchindustrie zu engagieren und aktiv zu einem Tauchvergnügen mit möglichst geringem Schaden an der Unterwasserwelt beizutragen – z.B. durch die Installation von Bojen, sodass Boote nicht den Anker auswerfen müssen.
Für diejenigen, die den zusätzlichen Schritt in Richtung einer Kohlendioxidsteuer, die gerade bei entlegenen Tauchdestinationen wichtig sein kann, gibt es unter https://www.atmosfair.de nützliche Tipps und Informationen. Auch https://www.carbontax.org/whats-a-carbon-tax/ ist eine sehr informative Website bezüglich CO2-Emissionen, allerdings mit Schwerpunkt USA.
Während Nordamerika anfängt, den Schaden zu beurteilen, den Irma auf ihrem schrecklichen Weg über die Karibischen Inseln und Florida verursacht hat, halte ich den Atem an und bete für einen Moment für die endlosen Unterwasserlandschaften und seine Bewohner, die diesen mächtigen Sturm ohne jeglichen Schutz überstehen mussten. Hoffentlich sind diese kostbaren marinen Heiligtümer noch in der Lage, sich zu regenerieren und leiden nicht zu schwer unter dem Schaden, den sie definitiv erlitten haben.
-Nina Berti Sep 2017
Sources
Keeling at al. 2010
IPCC 5th Assessment Report
https://www.nabu.de/natur-und-landschaft/meere/lebensraum-meer/02888.html
http://www.nationalgeographic.org/activity/save-the-plankton-breathe-freely/
https://www.sharks.org/blogs/science-blog/sharks-in-decline
Photos: The Ocean Agency